Mitglied im Aktionskreis Psychomotorik e.V.
Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Psychomotorik
Członek Polaskiego Stowarzyszenia Psychomotoryki
Die Psychomotorik setzt sich aus den Begriffen „Psyche“ und „Motorik“ zusammen. Die Psyche und die Motorik stehen in einer wechselseitigen Beziehung, d.h. sie funktionieren nie unabhängig voneinander. Mit „Psychomotorik“ ist somit die wechselseitige Beziehung zwischen Körper und Psyche, zwischen Handeln und Lernen, zwischen Spüren und Wahrnehmen und Erleben gemeint.
Die Psychomotorik geht von der Prämisse aus, dass Bewegungs- und Wahrnehmungslernen Selbstvertrauen erzeugt. Das ist die Voraussetzung für alles Lernen. Lernen geschieht in der Auseinandersetzung des Menschen mit der sozialen und dinglichen Umwelt.
Sich- Bewegen wird verstanden als eine Einheit von Wahrnehmen, Erleben, Denken, Handeln und Kommunizieren.
Die Orientierung des Menschen in seiner Umwelt über die Sinne gehört ebenso dazu wie eine emotional und intellektuell angemessene Reaktion auf die jeweilige Bewegungs- Veränderungssituation.
Bei der psychomotorischen Förderung geht es in erster Linie um die Erweiterung der Handlungskompetenz im sozialen Kontext und um die Entwicklung einer stabilen, kompetenten Persönlichkeit. In diesem Prozess hat ein Kind die Chance, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten erfolgreich und unter Beachtung von Werten wie Rücksicht, Respekt und Toleranz gegenüber anderen zu entwickeln.
In der Praxis bietet die Psychomotorik dem Kind die Möglichkeit an, sich und sein Erleben zum Ausdruck zu bringen, mit den Gegebenheiten der Bewegungssituation (Raum, Geräte, Mitspieler) zu experimentieren, und so ein positives psycho-physisches Empfinden entwickeln zu können. Die Psychomotorik fördert also die Ich-, Sach- und Sozialkompetenz der Lernenden, indem sie in Eigeninitiative Ideen einbringen und diese umsetzen dürfen. Kinder brauchen dazu aber auch das Unerwartete, das Geheimnisvolle, das nicht Alltägliche. Mit einem Wort: Sie brauchen Abenteuer.
Die Bewegungswelt der Kinder in der europäischen Gesellschaft unserer Zeit hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahrhundert sehr verändert. Reizvolle, erlebnisbezogene Spielgelegenheiten in der Natur oder in städtischen Räumen, die Kinder zu selbstbestimmtem Bewegen und Spielen anregen, gibt es nur noch selten. Die Umwelt, in der Kinder aufwachsen, ist größtenteils asphaltiert, begradigt, mit Parkplätzen zubetoniert und durch Zäune abgegrenzt. Auf Kinder wirkt das wie ein Verbotsschild mit der Aufschrift „Der Eintritt für Kinder ist verboten! Das Spielen wird bestraft!“.
Die Kinder mit ihrem Bewegungs- und Forschungsdrang wurden in Spielreservate verbannt. Diese Reservate nennen die Erwachsenen Spielplätze. Was finden Kinder auf einem typischen städtischen Spielplatz: TÜV- geprüfte Schaukeln und Wippen, Sandkasten, Rutsche, Klettergerüst. Manchmal wird dieses standardisierte Angebot durch sehr teure Hängebrücken und ein Holzhaus ergänzt.
Eltern, die es besonders „gut“ mit ihrem Kind meinen, stellen im eigenen Garten auch noch eine industriell gefertigte Schaukel und eine Rutsche aus dem Baumarkt auf und bauen einen Sandkasten. Wenn man in ein Neubaugebiet geht, kann man mit erstaunlicher Sicherheit sagen, in welchem Haus eine junge Familie mit Kindern wohnt. Es reicht, nur einen Blick in den Garten zu werfen!
Haben Erwachsene doch ein schlechtes Gewissen, dass sie Kindern das weggenommen haben, was ihnen selbst als Kinder Spaß gemacht hat?
Oh ihr alle, die ihr euch der Erziehung weihet,
lernet, ich bitte euch,
lernet mit Kindern spielen.
- C. G. Salzmann im Jahre 1806
Angesichts der vielfach zu beobachtenden Einschränkung der kindlichen Bewegungsräume, angesichts wachsenden Zahl von Kindern mit Koordinationsproblemen, Übergewicht, Haltungsschwächen, ADHS und Schulproblemen, angesichts einer häufig nicht altersgemäß entwickelten sozialen Kompetenz haben sozialpädagogische Einrichtungen eine zunehmende Verantwortung, für ausreichende Bewegungsmöglichkeiten als einer Maßnahme zur Förderung der Entwicklung und der Gesundheit der ihnen anvertrauten Kinder zu sorgen.
Die Räume für die Bewegungserziehung sollen Geborgenheit vermitteln (z.B. durch Rückzugszonen) und zugleich Herausforderungen zum Aktiv-werden darbieten. Der Psychomotorikraum oder die Turnhalle werden als Begegnungsort gestaltet, der zur Kommunikation zwischen Kindern und Psychomotorik-Lehrkraft anregt.
Gestaltungs- und Erkundungsmedien werden als Anregung zu erfahrungsoffem Handeln präsentiert. Diese können von Kindern und dem pädagogisch-therapeutischen Personal nach Bedarf ergänzt, oder verändert werden.
Dazu sind zum Beispiel bruchsichere Spiegel, ein Tageslichtprojektor für Schattenspiele, Verkleidungszonen, ein „Postamt“ bei dem Kinder ihre Wünsche abgeben können, sehr gut geeignet.
Lesen Sie im nächsten Kapitel weiter: 2. Psychomotorik des Empowerments
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